Warum wird 40 Tage nach Ostern, das Fest Christi Himmelfahrt gefeiert? Warum 10 Tage später Pfingsten, was auf Altgriechisch nichts anderes als 50 heißt?
Wenn ich nicht weiß, worum es geht, ist es eigentlich gleichgültig, ob ich glaube oder nicht. Es kann mir nichts bedeuten. Interessant kann es erst werden, wenn ich den Schlüssel habe und dann sehen kann, was hinter den Worten und Bildern steckt.
Für die gewöhnlichen Gläubigen sind die Bilder (sie schauten auf zum Himmel), für die Priester ist die Theologie (Erhöhung zur Rechten des Vaters) – und für die kairologisch Verständigen?
40 steht für die Zeit, in der sich der Mensch über „Etwas“ ganz bewusst wird. 40 Tage ist Moses auf dem Gottesberg, 40 Tage stellt sich Jesus in der Wüste der Versuchung. Im Kollektiv gibt es die Entsprechung: nach 40 Jahren Wanderschaft ist Israel reif für ein neues Seßhaftwerden.
Eigentlich werden in diesen 40 Tagen die ersten 40 Jahre des Lebens durchgespielt. Die 40 steht für die ersten 6 Lebensphasen (auf der Chronosebene 39-40 Jahre). Die eigene Ich-Vernunft, der eigene Glaube erkennt sich selbst, kann nun bewusste Glaubensgemeinschaft bilden.
Das wird deutlich, wenn man genauer hinschaut. Ostern ist liturgisch zugleich der Tag der Taufe, die zu Lebensphase 1 (von der Zeugung an 9 × 9 Mondmonate = 5Jahre/10 Monate) gehört. Hier bestätigen die Eltern und Taufpaten die Verbundenheit des Täuflings mit Gott.
Es schließt sich der sogenannte „Weiße Sonntag“ an. Die Erstkommunion wird in der katholischen Tradition gefeiert und ist ein eigenes Bekennen des Kommunionsempfängers zur kirchlichen Gemeinschaft. Diese fällt real in Lebensphase 2 (Ende 12Jahre / 4 Monate).
Der katholischen Firmung entspricht die protestantische Konfirmation, die beide in Lebensphase 3 ( bis 18J./11M.) begangen werden und ein „erwachsenes Bekenntnis“ des Menschen zur Verbindung mit dem Heiligen Geist darstellt.
Was zu Beginn des Lebens eine Möglichkeit ist, wird schrittweise zum vollen Ich-Bewusstsein. in der symbolischen Sprache: Erhöhung zur Rechten des Vaters.
Betrachten wir die Wirklichkeit von Welt 2 her (der Welt der Kreativkräfte, des In -Beziehung-seins, der Bedeutungen), so ergibt sich sehr natürlich der Sinn der Liturgie, die bekanntlich in Bilder verpackt wird, um leichter verständlich zu werden. Eigentlich tut die christliche Liturgie nichts anderes als Welt 2 in der sinnlich wahrnehmbaren Welt 1 zu spielen – und das immer wieder, bis – zumindest bei wenigen – der Groschen fällt. Für Viele aber bleibt es bei den Bildern, den Begriffen, den äußerlichen Ereignissen. Sie wissen nichts davon, was hier an tieferer Realität gespiegelt wird.
Eigentlich wird die menschliche Bewusstwerdung dreimal durchgespielt. Ein erstes Mal zwischen Weihnachten und dem 2. Februar (Maria Lichtmess): unbewusst – im Wir. Ein zweites Mal real, individuell, geschichtlich, in einer Person: Jesus. Eine konkrete Bilderwelt bis hin zu dem eindrücklichen Bild der Passion. Für Jesus stellte sich die Frage: Bleibe ich trotz der wachsenden Verwerfungen meiner Überzeugung treu? Nach Ostern dann ein dritter Durchgang im Auferstehungsmodus. Nun die geistige Durchdringung des Ganzen.
Der Weg geht also vom Wir-Modus (von der Geburt bis zur Opferung im Tempel: unbewusst ins Wir der Tradition eingebettet), zum Ich-Modus, (historisch bewusst, als persönliche Hingabe der Weg von der Wüste zum Kreuz,) zum Transzendenz-Modus zwischen Ostern und Christi Himmelfahrt, nun alles als göttliche Hingabe an den Menschen, als „erhöhender“ Lernprozess.
An Christi Himmelfahrt ist das neue Bewusstsein ausgebildet. Was noch fehlt, ist die Reife der Angstlosigkeit. Zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten sind noch neun Tage der Angst, der Engführung, der Sorge um das Ich.
L7 und L8 (die Zeit von 38-51) sind vom eigenen Wollen bestimmt. Es ist nicht die Zeit der Feuerzungen und des geistigen Sturms, dem man sich überlässt. Sein eigenes Feuer will man in feste Formen gießen, seinen eigenen Weg gestalten. Offen ist noch, ob dieser eigene Weg geschichtlich bedeutungsvoll ist. Der historische Zeit-Geist muss warten, bis die 50 vorbei sind. Genau das wird zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten durchgespielt.
Warum aber noch 10 Tage? Nach jüdischer und christlicher Zählung sind es nicht 10, sondern 9 + 1 Tage. Die hinzugefügte Zahl zeigt immer an: hier liegt ein Ganzes vor.
Es sind nicht zufällig neun Tage (die Pfingstnovene). Die neun ist zugleich der Hinweis auf die Ganzheit der Persönlichkeit. Dazu bedarf es der neun Lebensphasen und innerhalb der Lebensphase der 9 Lebensquanten, die an der Schwangerschaftslänge ausgerichtet sind.
Mit 51 geht auf der Lebensentfaltungsebene die Lebensphase 8 zu Ende. Bei den Juden ist es die 50, da sie mit heiligen Zahlen rechnen: 7×7+1. Bei den Maya wäre es die 52, von der Mond- und Schwangerschaftszählung her.
Die Apostel sind vereint in dem, was ihnen persönlich klar ist durch die Aufklärung, jetzt nicht mehr durch Jesus, sondern durch Jesus Christus. Nun geht es um die größere Einheit. Wie weit reicht historisch, was bisher aus eigener Glaubenskraft kommt? Das ist Sache des Hl. Geistes, des heiligen Zeit-Geistes. Ab Lebensphase 9 erweist sich, was bleiben wird, und wie dies der Fall sein wird. Der historische Kairos, immer schon da und beteiligt, wird zum wesentlich praktischen Faktor. Die Frage ist nun: Wie stark, wie tief ist das Feuer, die Kraft, die die größere Einheit schafft?
Ein Tipp:
Wer das verstanden hat, kann jedes Jahr zwischen Ostern und Pfingsten sein Leben kairologisch Revue passieren lassen. Jeder Tag ist ein Jahr. Man kann sich fragen: Wie stellt sich bei mir Welt 2 in Welt 1 dar? Das Bewusstsein dafür kann jedes Jahr um einen Jahresring wachsen. Und ab Pfingsten kann man sich mit seinem historischen Kairos beschäftigen. Die Frage ist nun: wie beteilige ich mich am größeren Ganzen und wie beteiligt das größere Ganze mich?
Text nach Dr. Karl Hofmann |