Die ‚innere Stimme‘ ist in aller Munde. Man soll auf sie hören und auf sie achten.

Aber was ist denn eigentlich diese innere Stimme?

Ist sie unser klügeres Selbst, weil sie uns ja manchmal rechtzeitig vor etwas warnt?

Oder ist sie unser moralischeres, ethisch aufrechteres Selbst, weil sie ab und zu ja auch ganz schön doll mit uns schimpfen kann. Vielleicht aber auch ist sie unser treuester Freund, immer da, und sie nimmt es uns nicht mal krumm, wenn wir sie wissentlich übergehen.

OK, so weit zur inneren Stimme für die meisten von uns.

Nun gibt es aber auch Menschen, die sich jahrelang darin geübt haben, ihre innere Stimme nicht zu übergehen, sondern sie zu hören, immer wieder und immer mehr. Sie sind sogar in der Lage zu unterscheiden, ob die Stimme spricht oder ob sie laut ruft.

Dazu muss man aber wirklich bereit sein und die innere Stimme als die kompetente Begleitung, die sie uns ist, gleichwertig (vielleicht sogar höherwertig) anerkennen.

Höherwertig verstehe ich in den Sinne, dass wir uns mit dem Verstand Dinge ja oftmals anders reden, als sie tatsächlich sind. Unsere innere Stimme lässt sich da nicht so leicht beschummeln. Sie ist anderswo angebunden und bekommt von dort sehr verlässliche Informationen.

In der Kairologie sprechen wir von der Welt2 – im Gegensatz zu unserer realen Welt1, in der wir hier auf Erden leben.

Diese geübten Menschen hören nicht nur ein sanftes Stimmchen, sie hören manchmal auch einen Ruf. Laut und deutlich.

Und idealerweise folgen diese Menschen ihrem inneren Ruf auch.

Der innere Ruf ist demnach etwas wesentlich stärkeres, kräftigeres als die innere Stimme.

Etwas kann jemandes BeStimmung sein, aber wenn er seinem inneren Ruf folgt, sich beRufen fühlt,

dann hat das eine ganz andere Qualität, quasi wie ein Sog. Er kann dann nicht anders, als diesem inneren Ruf zu folgen.

In einem ihrer Vortragsfilme hat Andrea Lindau, Direktorin des Life Trust, das einmal sehr anschaulich beschrieben. Sie sagte:

„Es gibt Impulse, die sind tief und aufrichtig und denen sind zu folgen. …. Ich fühle mich zutiefst als ein geführtes Wesen. Meine innere Aufgabe ist, diese innere Führung so deutlich und klar und still und unbeweglich wie möglich zu fühlen.

Und wenn ich dazu in der Lage bin, dann weiß ich immer, ob es Zeit ist… Wenn ich wirklich ruhig bin, weiß ich immer, ob da Anziehung oder Ablehnung ist. …

Wenn mein innerer Ruf da ist, um stehen zu bleiben, wenn ich spüre, das ist der Platz – exakt an diesem Punkt bleib ich stehen, weil ich erkennen möchte. Dann MUSS ich innehalten!

… Wenn die Aufgabe erledigt ist, kann ich weitergehen.“

Ich übe mich darin, neben der Stimme auch den Ruf zu hören. Und ich freue mich, wenn ich an mir Fortschritte bemerke. Durch das Studium der Kairos Wissenschaft bin ich da wesentlich aufmerksamer geworden. Denn was Andrea Lindau da so schön über ihren inneren Ruf gesagt hat,

ist Kairos. „Wenn sie dazu in der Lage ist, dann weiß sie immer, ob es Zeit ist“, nämlich die erfüllte Zeit, die Kairos-Zeit.

Ganz abgesehen von der schönen Aussage, die sie da über sich und ihr Verhalten gemacht hat, freue ich mich obendrein noch immer sehr über solche Entdeckungen, wie Menschen ihren Kairos leben, ohne vielleicht zu wissen, dass es Kairos ist.

Ob als Stimme oder lauter Ruf, ich wünsche Ihnen, dass Sie vertrauensvoll auf ihr Inneres hören mögen und damit vieles für sich entdecken, das Ihnen wirklich wirklich gut tut.

 

Christina Broda