Aufmerksame Leserinnen und Leser unseres Blogs wissen, dass es in der Kairologie immer um Bedeutung geht. Die Dynamik des Menschen ist die Energie und wo die Energie ist, da ist die Bedeutung und wo Bedeutung ist, dazu ist man in Beziehung. Das ist wie mit der Glühbirne: ist Energie drauf, brennt sie, ansonsten ist sie einfach nur so da und einem ziemlich egal.
Kairologisch kommt es nicht darauf an, mit welchem Geschlecht ein Mensch geboren wird. Wichtig ist, wie ein Mensch dazu in Beziehung ist. Dr. Karl Hofmann sagt in seinem jüngsten Beitrag: „Das Geschlecht wird erst ‚Wirklichkeit‘, wenn wir dazu in Beziehung gehen, zu ihm ‚ja‘ sagen.“
Nicht nur durch einen Karnevals-Kalauer ist Transgender im Augenblick ein viel diskutiertes Thema.
Wie ist der kairologische Blick auf Transgender?
Es sind die Extreme, die uns zeigen, was den Menschen ausmacht. Mann oder Frau – was soll es Natürlicheres geben? Aber so selbstverständlich ist das nicht. Das zeigt die Tatsache von „Transgender“.
Auch wenn das Thema gegenwärtig künstlich gehypt wird, so ist doch gleichzeitig anzuerkennen: auch das Geschlecht und das damit eigenes Selbstverständnis ist nicht einfach „naturgegeben“. Auch das ist eine Wirklichkeit, die auf einen Zusatzfaktor angewiesen ist, unsere Beziehung dazu.
Der Kern des Menschen ist nicht, dieses oder jenes Geschlecht zu haben, sondern das Geschlecht wird für den Menschen erst endgültig zu seiner Wirklichkeit, wenn er zu einem von beiden oder gar einem dritten Verhältnis ‚ja‘ sagt.
Nicht die biologische Realität hat für ihn das letzte Wort, sondern seine spezifisch menschliche Dynamik. Diese Dynamik kann auch dazu führen, dass er sein geschlechtliches Selbstverständnis im Laufe seines Lebens wechselt, ja dass er damit sogar spielen kann. Man denke an den Österreicher Conchita Wurst, der einige Jahre als Frau auftrat, bis er sich wieder zu seinem Mann-Sein bekannte.
Es ist also nicht so, dass die biologische Verfasstheit schon den Menschen ausmacht und sein Bewusstsein dies nur abbildet und vergeistigt. Der Kern des Menschen ist sein In-Beziehung-Sein.
Wenn Staat und Kirche in der Vergangenheit nur ein Bewusstsein von Mann oder Frau zuließen und das zur anthropologischen Verfasstheit des Menschen erklärten, dann stand dahinter ein kulturelles Wollen, dass im Gewand von Objektivität auftrat.
Was war das für ein schöpferischer geschichtlicher Weg, der nur diese Betrachtungsweise zuließ und alle anderen Regungen und Sichtweisen verdammte? Und was bedeutet es, dass dieser Weg nun zu seiner eigenen Relativierung geführt hat?
Die Transgender-Bewegung verneint den bisherigen Weg. Sie tritt aber auf ihre Weise nun genauso dogmatisch auf wie die 2-Geschlechter-Sichtweise. Sie erhebt wiederum einen objektiven Anspruch, kämpft gegen die bisherige Perspektive und sieht nicht, dass das Gemeinsame beider Wege in einem Dritten liegt.
Der Mensch ist nicht dies oder das, er ist wesentlich geschichtliche Dynamik ein immer neues In-Beziehung-Gehen mit seiner Wirklichkeit. Und wie sich dieses verändert, das ist ein typisches Thema der Kairologie.
KH